Die Fähigkeit zur Geschäftsleitung wird nicht durch einen Griff in die Steckdose geprüft.

von Christfried Jacobi
chr-jacobi@web.de

 

Nicht immer können die Firmen, die ihr Personal nach Deutschland entsenden, den Wünschen der Bewerberinnen und Bewerber nachkommen. Oftmals ist es ein besonderes Anspruchsdenken dieser Personen, aus dem gewisse Probleme im Haushalt unserer hilfebedürftigen Menschen resultieren. Zum Beispiel „Die Frage nach einem eigenen Bad“. Es kann aber auch sein, dass als Mindestanforderung „das Vorhandensein einer Spülmaschine“ erwartet wird. Hilfestellungen bei einem Transfer vom Bett in den Rollstuhl sind schon Herausforderungen, die plötzlich am Ort des Geschehens nicht in den Aufgabenbereich einer Betreuungshilfe fallen. Von pflegerischen Alltagshilfen ganz zu schweigen.

Wie wichtig ist das Image für meine Agentur und meinen Partnern im EU-Land?

Die Reputation eines Unternehmens ist ganz wesentlich für seinen Erfolg. Performance-Kennzahlen wie der Umsatz sind von Unternehmen mit starkem Image viel besser als die von anderen. Zudem ist belegt, dass ein Markenimage und die Markenstärke Menschen Orientierung bietet und Vertrauen schafft. Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen, Unglück oft durch Vernachlässigung kleiner Dinge (Wilhelm Busch).

Mit welcher Konsequenz?

In der Regel werden mehr Dienstleistungen initiiert und höhere Preise erzielt. Laut Schätzungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC wird 50 Prozent des Unternehmenswerts durch den Wert der Marke erklärt. Ein gutes Image ist die beste Visitenkarte. Gehe ganz in deinen Handlungen auf und denke, es wäre deine letzte Tat. (Buddah).

Und ein schlechter Ruf?

Der kann für ein Unternehmen teuer werden, weil Menschen generell gerne Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen mit gutem Image kaufen und solche mit schlechtem Image meiden – sofern sie die Möglichkeit dazu haben. Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein. (Philip Rosenthal).

Meine Zeit sagt mir, einige Euro zu besitzen ist mehr wert, als ein Lächeln, das von Herzen kommt. „Wenn es nur ein Lächeln wäre, dann wären wir schon froh“, äußern sich die Angehörigen der hilfebedürftigen Dame zur Helferin aus dem EU-Land.

Nach tagelangem Hin und Her haben sich die zu betreuende Dame und ihre Angehörigen dazu entschlossen, die Dienstleistungen des EU-Partners nicht weiter in Anspruch zu nehmen. Der Weckruf der Unzufriedenheit kam schon 10 Minuten nach Ankunft der ersten Helferin. Die Überlegung, auf das Personal dieses Dienstleisters komplett zu verzichten kam im Laufe der folgenden 12 Tage, am Abreisetag der ersten Helferin. Die endgültige Beendigung der Dienstleistungen geschah nach 38 Tagen, mit der Trennung einer dritten Kraft.

Die Kundin begründet ihre Kündigung mir gegenüber damit, dass z. B. der Tagessatz für die erste Helferin nicht gerechtfertigt ist. Die Leistung und der Tagessatz für diese Dame stehen nach Meinung der Kundin in keinem Verhältnis. Ein Vorfall, bei dem die Patientin bis zu ihrer Entdeckung am Morgen drei Stunden vor ihrem Bett liegen musste, geschah bereits während der ersten Nacht in der auch die Helferin im Haus wohnte. Alle Hilferufe der Dame wurden von der Helferin bewusst abgeschottet, schließlich beginnt ihr Tag erst nach dem Ausschlafen.

Um derartige Situationen zukünftig zu vermeiden, wurde ein Personen-Notruf eingerichtet. Jeder kennt die Klingel am Krankenbett einer stationären Einrichtung. Schon beim Auspacken dieses kleinen Gerätes wurde die ablehnende Haltung der Betreuerin durch ihren emotionalen Diskussionsbedarf bestätigt. Der eigens installierte Personen-Notruf im Haus wurde von der Helferin kurzerhand abgeschaltet - Ihre Nachtruhe war gesichert.

Damit nicht genug. Die im Rollstuhl sitzende Dame hatte z. B. über ihr Hausnotruf-System, das einen Hilferuf mit einem Rettungsdienst, Notarzt und ein Krankenfahrzeug verbindet, rufen müssen, weil die Helferin ihr nicht helfen wollte (oder konnte). Das hat mir auch ein Nachbar bestätigt, der die nächtliche Aktion persönlich miterlebte. Wenn das einmal vorgekommen wäre, dann findet sich vielleicht noch eine Ausrede als Grund für diese unterlassene Hilfe.

Ich hatte der Betreuungskraft am ersten Tag(!), 10 Minuten nach ihrer Ankunft(!) erklärt, dass sie uns zu jeder Zeit(!), Tag und Nacht(!), bei Problemen anrufen kann. Zwei Personen mit den Sprachkenntnissen der Helferin sowie Familienangehörige der betagten Dame waren bei diesem Gespräch dabei. Missverständnisse sind somit ausgeschlossen. Diese Unterstützung hat sie nicht genutzt, obwohl ihr bekannt war, dass nur 10 Minuten nötig sind um vor Ort zu helfen.

Die anwesenden Personen fanden es schon bemerkenswert, dass sie 5 Minuten nach ihrer Ankunft um ihr eigenes Wohl besorgt ist und mit Ihrem Arbeitgeber im EU-Land über die bevorstehenden Aufgaben diskutierte. Sie hatte die zu betreuende Dame aber bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gesehen, denn die kam erst am anderen Tag von einer Reha-Maßnahme aus einer Klinik nach Hause. Das bedeutet auch, die Betreuerin hatte am ersten Tag noch gar keine Patientin(!) um die sie sich kümmern müsste.

Der Dienstleister scheint es mit seiner Imagepflege auch nicht so genau zu nehmen. Das ist bei dem momentan herrschenden Pflegenotstand in Deutschland verständlich. Aber ist es nötig, dass man den Tag der Ankunft einer Helferin zusätzlich berechnet? Kommt die Kraft am Vormittag, so wird ein halber Tagessatz zusätzlich berechnet. Kommt sie am Nachmittag, so ist ein doppelter Tagessatz fällig. Diese anfallenden Kosten bei einem Personalwechsel kann die alte Dame und ihre Angehörigen nicht akzeptieren. Der Dienstleister wurde darüber informiert, dass diese zusätzlichen Kosten im Vertrag nicht vereinbart wurden. Was passiert, wenn die Betreuerin kurzfristig wieder nach Hause möchte?

Als Vermittler habe ich vergeblich auf eine eMail vom Dienstleister gehofft. Über die Argumente mit Vorschlägen zur Schadensbegrenzung und Kundenzufriedenheit hätten wir uns sehr gefreut. Es hätte eine eMail in der Heimatsprache der Geschäftsleitung sein können. Verständigungsprobleme sind ausgeschlossen, denn im Personenkreis der Betroffenen ist die Heimatsprache der Geschäftsführung bekannt, und eine Übersetzung in Wort und Schrift ist kein Problem.

Seit dem Start des Dienstleistungsvertrages bei der pflegebedürftigen Dame ist sein Image angekratzt.
Zum angeblichen Alkoholgenuss der Kundin: Klar, Sie nimmt ab und zu einen Schluck aus der Flasche. Das macht sie schon ihr Leben lang und weiß anscheinend auch damit umzugehen. Sie wird nicht ausfallend oder aggressiv ist! Sie verhält sich eher normal und ruhig. Die Sprache ist etwas undeutlich was aber nicht am Alkoholgenuss liegt, sondern eher auf eine dentale Prothetik zurück zu führen ist. Dennoch ist eine Unterhaltung problemlos. Von diesen Tatsachen konnte ich mich bei den Besuchen vor Ort überzeugen. In den ersten drei Betreuungswoche war ich fast täglich, mindestens jeden zweiten Tag unangemeldet zu Besuch bei der Dame. Wir haben uns ganz normal und angeregt unterhalten.

Das Argument eines besonderen Anspruchsdenkens der betagten Dame stufe ich als haltlose Ausrede des Dienstleisters ein. Ich achte persönlich darauf, dass die Anwesenheit entsandter Pflegekräfte nicht ausgenutzt wird! Stelle ich fest, dass vom Kunden unberechtigte Leistungen gefordert werden, dann wird der Dienstleister sofort darüber informiert. Sollte ein Kunde nach mehreren Gesprächen kein Verständnis für eine Unterlassung solcher nicht vereinbarten Aufgaben aufbringen, empfehlen ich meinem Partner die Dienstleistungen einzustellen.

Als Vermittler setze ich mich sowohl für das Wohl der Hilfebedürftigen als auch für das Wohl des entsandten Personals ein. Gute Mitarbeiter sind Garanten für den Erfolg meiner Arbeit. Für mich steht der Mensch im Mittelpunkt jeder erfolgreichen Versorgung pflegebedürftiger Menschen in ihrem gewohnten Umfeld. Hier sollte deshalb auch erfolgreiche Personalpolitik im Land der europäischen Union ansetzen.


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Geschichten von Christfried Jacobi sind auch im Buchhandel u. im Internet erhältlich.

e-Book-Format: ISBN: 978-3-8495-5133-9 / als print-Book: ISBN: 978-3-8495-5086-8